*Content warning: In diesem Text werden persönliche Gefühle miteingebaut. Der bildliche Sprachstil könnte selbstverletzendes Verhalten auslösen.
**persönliche Meinung
Computerspiele. Serien.Techno. Drogen. Langeweile. Drama. Ein Ort zum abkacken. Sich gegenseitig abfucken. Ahnt ihr´s schon um was es geht? Fängt mit W an und hört mit AA auf. Die Werkstatt für Aktionen und Alternativen – kurz WAA. Ein fettes Haus mit fettem Garten in Düren Gürzenich, Kallsgasse 20. Ich liebe sie und hasse sie. Ich hasse sie, weil ich mich manchmal dort sehr einsam und ausgeschlossen fühle. Oft bleiben die ganzen Alltagsdinge (Essen holen, kochen, Geschirr waschen, emotionale Gespräche…) an Wenigen hängen oder sie bleiben ganz auf der Strecke. Am meisten stresst aber der interne Druck, von den Macker*innen der Besetzung und die immer wiederkehrenden Gerüchte über einen Verkauf der WAA.
Auf der anderen Seite liebe ich die WAA, weil sie ein offener Ort ist, an dem ich einfach hingehen kann. Sie ist sehr dynamisch und lebendig, eine Plattform der politischen Vernetzung und der Auseinandersetzung. Und die Alltagsdinge werden auch immer wieder von allen übernommen. Ich liebe sie, weil sie offen für Veränderung ist und keinen Leistungsdruck erzeugt. Es ist gerade der Ort in der Besetzung des Hambacher Forstes, an dem ich mich am wenigsten unwohl fühle. Hier haben wir weder viel Geld noch Macht. Jetzt müssen wir erstmal die Dramen der vergangenen Wochen verarbeiten (Rauswürfe und Co.), uns kennenlernen und anfangen zu organisieren. Dabei stecken wir gut ein. Hier ein Stich und dort einer. Unser Herz blutet.
Kein Lama. Nur Drama.
Menschen nutzen ihre Machtpositionen in der Besetzung, um uns ihre Vorstellungen von dem Ort aufzudrücken. „Ihr wollt Besetzungsgeld? Geht mal arbeiten und selber Gelder aquirieren. Außerdem macht ihr alles kaputt. Nichtmal Bildungsseminare kann mensch bei euch abhalten. Alles viel zu vermüllt. So kriegt ihr keine bürgerlichen Leute…“. So was müssen wir uns dann anhören. Super motivierend. Nochmal danke für nix!
Kein Lama. Nur Drama.
In letzter Zeit war die Resignation groß, wenn es innerhalb der Besetzung um die WAA ging. Kritisiert wurde unter anderem, dass
– sie für viele nicht zugänglich ist
– die Stimmung zu mackrig ist
– es viel Drama gab und dafür Menschen aus dem Wald kommen mussten, um die „Brände“ zu löschen
– Gelder für die WAA angefragt werden und dafür Besetzungsgeld draufgeht
Aus diesen und sicherlich noch anderen Gründen wurde die WAA als Ort nur noch von Einzelnen supportet, aber im Großen und Ganzen abgeschrieben. Sie wurde genutzt und abgenutzt. Ein Teufelskreis entstand, aus dem es schwer ist auszubrechen. Aber es ist möglich, das hat die Vergangenheit gezeigt. Vor gut 3 Jahren stand es weitaus schlimmer um die WAA. Random Plena u.a. in Beechtown entschieden die WAA zu verkaufen. Am Ende gab es eine kleine Gruppe, die den Anstoß für einen Umschwung gab, bei dem sich mehr und mehr anschlossen. So wurde die WAA wieder zu einem Ort der von unterschiedlichen Menschen aus der Besetzung besucht wurde. Die große Vielfalt rettete nicht nur den Ort, sondern stellte definitiv einen großen Gewinn für die gesamte Besetzung dar. Der Höhepunkt dieser Entwicklung war die Räumung des Hambacher Forstes im Herbst 2018. Der Ort wurde von unterschiedlichen Gruppen genutzt u.a. einer Kochgruppe. Nach den ersten Baumhausräumungen und Razzien auf dem Wiesencamp wurde die WAA von vielen als Zwischenstation nach der Zeit im Polizeigewahrsam genutzt. Zeitweise waren 50-100 Menschen vor Ort,das Haus platzte aus allen Nähten und der Garten war ein einziges Zeltlager.
Nach der Räumung nutzten einige den Ort, um auf die traumatischen Erfahrungen klarzukommen. Alle,die das selbst erfahren haben oder sich mit emotionalen Themen beschäftigen, wissen, dass das ein individueller Prozess ist,der bei allen unterschiedlich verläuft. Bei manchen geht das „normale“ Leben relativ schnell wieder weiter. Andere knabbern den Rest ihres Lebens an den Folgen. Nun gibt es leider diese, vom Leistungsgedanken Besessenen, die sagen „wir“ hätten keine Kapazitäten, um uns längerfristig um emotionale Repressionsfolgen zu kümmern. Die, die davon betroffen sind, sollen andere Szeneorte benutzen (welche eigentlich?) und nicht die WAA. Die negativen Folgen sollen möglichst weit von der Besetzung weggeschoben werden und damit unsichtbar für die Aktivisti vor Ort. Übrig bleibt dann nur noch der wahre Aktivismus: Bäume besetzen, auf die Cops warten und sich verhaften lassen. Freundlich in die Kamera lächeln und eine bürgerlich-freundliche Atmosphäre schaffen. Verhandlungen mit Bürgermeistern führen und wichtige Vernetzungsveranstaltungen organisieren. Und verwalten. Finanzen, Homepage und Besetzungsmail werden bürokratisch verwaltet. Für all das gibt es Kapazitäten. Aber nicht für (langfristigen) emotionalen Support?
Kein Lama, das euch in eure Hackfressen spuckt.
Nur unsichtbar gemachte Dramen.
Tränen, die zu oft vereinzelte Tropfen sind, als das sie einen reißenden Strom bilden könnten.
Narben verschließen Wunden oberflächlich, aber darunter schmerzt es weiter.
Die fehlende Aufarbeitung der Räumung beeinflusst wie Konflikte geführt wurden. Wenn der Raum für Emotionales fehlt, ist es nicht verwunderlich, wenn Konflikte eskalativer geführt werden. Unsere Gefühle haben in der Besetzung zu wenig Platz, um sich auszuleben. Emotionale Arbeit wird, wenn sie stattfindet meistens von FLINTA* (Frauen, Lesben, Inter, Nonbinär, Trans, Asexuell…) – Personen übernommen. Das ist einfach zu wenig!
Der absolute Gefühlstod ist der Leistungsdruck und die Bürokratie. Was wir als Besetzung dringend brauchen ist: kein Leistungsdruck, keine Bürokratie und mehr Wertschätzung für zeitintensive (nicht effektive) unsichtbare, emotionale Arbeit. Das gilt natürlich auch für die WAA selbst. Wenn sich mehr beteiligen, brennen Einzelne nicht so schnell aus und die (emotionale) Arbeit ist verteilt. Dadurch wären auch mehr motiviert vorbeizukommen, und könnten so wieder mehr Vielfalt reinbringen. Wir brauchen nur die geeignete emotionale Verfassung, dann können wir eine Menge schaffen.
Kein Lama. Nur Drama.
Wenn wir jetzt mal nach vorne schauen, sehen wir potenzielle Hausdurchsuchungen. Wir sehen die Arroganz mancher Besetzungschefs. Wir sehen Hierarchie, Autorität und Unterdrückung. Auf der anderen Seite sehen wir ermutigende Gegenwehr und Menschen, die uns unterstützen. Die uns Woche für Woche zeigen was Solidarität bedeutet. Darauf können wir aufbauen. Sollen doch die Besetzungschefs in den „nur“ 20.000€-Besetzungsgeld ertrinken. Wir sind lieber pleite als davon abhängig.
Wenn wir nach vorne blicken, sehen wir am Horizont die unabhängige Zukunft. Sie scheint weit weg, aber doch ist sie zum Greifen nah! Wenn wir nach vorne blicken, sehen wir einen Ort, an dem sich die Ausgeschlossenen der Gesellschaft aufhalten können. Seien es Psychatrie-Erfahrene, Traumatisierte, Wohnungslose, FLINTA*-Menschen, PoC … Es gibt bereits genügend Szeneorte, die bürgerlich-freundlich gestaltet werden. Da braucht es in der Szene nicht noch mehr davon, erst recht nicht, wenn es auf Kosten der Nicht-Privilegierten geht.
Wenn du verstehst was in diesem Text angesprochen wird, bist du dazu eingeladen, uns in diesem Prozess auf vielfältige, individuelle und kreative Art zu unterstützen. Die WAA braucht dich und du kannst sie mit uns zusammen gestalten. Komm vorbei. Für das Lama!
Hey, also dem Text kann ich nur voll und ganz zustimmen.
Aber steht das „A“ in FLINTA nicht für Agender (im Text steht asexuell)? Weil ansonsten könnten ja auch asexuelle cis-Männer in FLINTA-Spaces…
Ein Ort an dem nicht abgewaschen wird, Techno gefeiert wird etc.
Klingt sympathisch, aber für Lebensunterhalt was tun ist auch eine legitime Sache.
Im Umkehrschluss sagt ihr ja auch, auf gewisse Art und Weise, indem ihr Geld einfordert was andere organisiert haben: „geht Mal arbeiten“